Workcamp Volksbund

"Die emotionale Wirkung bleibt."


Jugendbegegnung/Workcamp Carl Zeiss

Begegnung mit Jugendlichen auf der Kriegsgräberstätte Ysselsteyn in den Niederlanden

Conny Scheck trifft Auszubildende der Firma Carl Zeiss in Ysselsteyn
6. August 2024

 

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Ich kann mir gut vorstellen, wie erschreckend es ist, dieses Gräbermeer mit eigenen Augen zu sehen – und zu sehen, dass die meisten der 32.000 Männer vielleicht in eurem Alter waren. Es ist toll, dass junge Menschen den Mut haben und auf einen Kriegsfriedhof arbeiten wollen – denn es ist wichtig, dass wir diese furchtbare Schreckensherrschaft des NS-Regimes nicht vergessen.

Als ich zur Schule ging, wurde dieses Kapitel der deutschen Geschichte einfach ‚ausgelassen‘.

Der Geschichtsunterricht begann mit den alten Griechen und nach der Weimarer Republik begannen ‚immer‘ die Sommerferien. Auch unsere Eltern und Großeltern haben geschwiegen – und wir haben auch nicht nachgefragt. Obwohl ich mich immer für Geschichte interessierte, habe ich das Wort Holocaust zum ersten Mal gehört, als ich schon im Studium war…
Und ja, es war schrecklich, was damals geschehen ist – doch das war eben früher. Wir – die Nachkriegsgeneration – war ja unschuldig und frei, konnte selbstbewusst und unbelastet in die Zukunft schauen. Und ja, auch als ich schon längst in den liberalen Niederlanden wohnte, schaute ich nur manchmal genauer hin: Ich wohne tatsächlich in einer Region, die erst am Kriegsende zur Frontlinie wurde.

Market Garden, Operation Veritable und die Rheinland-Offensive. Zu diesem Zeitpunkt – im Herbst/Winter 1944 war der Krieg für Hitler eigentlich schon längst verloren – der Westen der Niederlande war schon befreit …

 

Oft habe ich mit meinen Besuchern aus Deutschland den kanadischen ‚war- cemetery‘ im nahen Groesbeek besucht:

FACES TO GRAVES

Hinter jedem Grabstein verbirgt sich ein individuelles Schicksal.

Doch erst hier in Ysselsteyn bekam ein Grab ein Gesicht – das Gesicht unserer Familie.

Ein sehr, sehr bewegender Moment.

 

Anton ist zusammen mit den zehn beim Flugzeugunfall verunglückten Kameraden in einer Gräberreihe begraben.

An seinem 100. Geburtstag am 17. Juni 2019 habe ich unserem Anton Franz einen Strauß Pfingstrosen gebracht: Ich war die Erste, die sein Grab besuchen konnte, denn niemand in Antons Heimat wusste, wo er begraben war - auch seine Mutter nicht.

„Wäre ich an diesem Mittag nicht in Ysselsteyn gewesen, wäre das „SLG-Zeitzeugen-Projekt“, unsere Saulgauer Spurensuche, wohl nicht entstanden.

… inzwischen hat „unser Anton“ schon oft Besuch bekommen.

zitate.jpg Wusste Anton, dass sein jüngerer Bruder
Fritz – er war damals gerade zwanzig –  schon
im März 1944 in Polen gefallen war?

Die emphatische und sehr berührende Frage stellte einer der Jugendlichen am Grab – diese wird für immer unbeantwortet bleiben.


Seit 1959 bietet die Carl Zeiss AG aus Oberkochen Workcamps für ihre Auszubildende an!

In der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte Ysselsteyn traf ich am 6. August eine Gruppe von Zeiss und erzählte ihnen am Grab meines Großonkels vom letzten Teil seiner Lebensgeschichte: Anton Franz Schmid ist Pilot und gerade mal 25 Jahre alt, als er 1944 in den Niederlanden auf einem Nachtflug mit einer anderen deutschen Kampfmaschine zusammenstößt und mit seiner ganzen Besatzung zu Tode kommt.

Ein steinernes Kreuz bekommt ein Gesicht

Im Mittelpunkt steht dabei immer die Auseinandersetzung mit den Biographien von Kriegsopfern, die wohl nicht älter waren als die jungen Menschen, die sich jetzt  mit ihrem Schicksal befassen. Die Toten werden so der Anonymität entrissen, bekommen wieder ein Gesicht, werden greifbar – den Jugendlichen wurde hier bewusst, dass der Zweite Weltkrieg und seine Folgen auch noch heute unser Leben prägen.

zitate.jpgEs ist sehr wichtig und sinnvoll, dass die heutige Generation mit diesen Familiengeschichten in Berührung kommt.


NIE WIEDER KRIEG

Die Kriegsgräberstätte Ysselsteyn  

Nach Kriegsende waren in den Niederlanden die Gräber deutscher Soldaten von den Waddeninseln im Norden bis nach Maastricht zu finden: Mit ersten Umbettungen auf die deutsche Kriegsgräberstätte im niederländischen Ysselsteyn wurde schon 1946 begonnen. Im Laufe der Jahre wurden alle deutschen auf niederländischem Staatsgebiet Gefallenen auf dem 28 Hektar großen Gelände bestattet.

Heute ist Ysselsteyn der einzige Friedhof für deutsche Soldaten in den Niederlanden. Dort sind 31.598 Menschen bestattet. Opfer und Täter – auch ca. 5.000 SS-Angehörige – sind hier begraben. 

Zusammen mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge gelang es, vielen unbekannten Soldaten wieder eine Identität zu geben. 


zitate.jpgwohin Krieg und Gewalt führen…

Die vielen Gräber- und Gedenkstätten bieten Möglichkeiten, das zu zeigen – der Volksbund versteht sie als Lern- und Begegnungsort.

Jugend- und Bildungsarbeit
gehört zum Selbstverständnis des Volksbundes und findet sowohl auf internationaler Ebene als auch regional statt.

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