ZUSAMMEN gingen wir mit dem Seminarkurs "Geschichte" der Helene-Weber-Schule in Bad Saulgau im April 2025 nach Ysselsteyn!
Sich zusammen stark machen inmitten von Gräbern und dann von ihnen und ihrer Botschaft erzählen – dafür steht dieses Bild, das in Ysselsteyn mit der Schülergruppe aus Bad Saulgau entstand. (© Fons van Bindsbergen)
Bericht von Christiane Deuse (Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge)
Was hat das alles mit mir zu tun, könnte man fragen, wenn man 17 Jahre alt ist. Wenn man knapp 600 Kilometer weit fahren musste, um dieses Meer aus grauen Kreuzen zu sehen. Wenn noch nicht einmal Oma und Opa geboren waren, als der Zweite Weltkrieg endete. Jugendliche aus Süddeutschland, die zwischen den Kreuzen in Ysselsteyn stehen, tun das Gegenteil. Sie sagen: „Wir tragen Verantwortung.“
Die 17- und 18-Jährigen sind ein Spiegel der Gesellschaft: manche urschwäbisch, andere mit Wurzeln in Ungarn, Russland, Indonesien und Kolumbien, in der Ukraine, der Türkei. Muslime und Christen – evangelisch, katholisch, orthodox. Für eine Woche sind sie in der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. in den Niederlanden zu Gast.
Bericht von Christiane Deuse (Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge)
Eine Anhöhe im Herbst, der Himmel voller Fallschirme. Eine Schleuse im Winter, vier Tunnel im Deich voller frierender, hungernder Menschen. Eine Stimme, die bricht, als sie davon erzählt … In den Niederlanden bekommt der Zweite Weltkrieg für Gymnasiasten aus Baden-Württemberg scharfe Konturen.
Als die 17- und 18-Jährigen aus Bad Saulgau die Blockhäuser der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte (JBS) Ysselsteyn beziehen, ist ihnen das Thema Zweiter Weltkrieg längst vertraut. Sie kennen die Bücher aus ihrer Heimatstadt, die die Erinnerungen an den Krieg festhalten – schließlich hat die Arbeitsgruppe, die sie herausgegeben hat, den Kontakt zu ihrer Schule geknüpft.
Die Jugendlichen haben den Seminarkurs zu 80 Jahre Weltkriegsende gewählt. Er erspart ihnen am Wirtschaftsgymnasium Helene-Weber-Schule womöglich eine Abiprüfung. Amelie und Jonas, Liam, Leonie und all die anderen haben daheim eine Stadtführung gemacht und sich lokale Themen ausgesucht wie jüdisches Leben, Zwangsarbeiter, Sportvereine, Flüchtlinge aus Schlesien, französische Besatzung. Sie haben im Stadtarchiv Quellen ausgewertet und Zeitzeugen befragt – Spurensuche zu einem Krieg, der weit weg von Bad Saulgau tobte.
Der Seminarkurs Geschichte der Helene-Weber-Schule Bad Saulgau mit Markus Barg-Rothmund, Wolfgang Schneiderhan und Heike Baumgärtner vom Landesverband des Volksbunds sowie Mitglieder der neuen Arbeitsgruppe SLG
Foto: Wolfgang Jung
Am 30. September 2024 fand das erste Treffen mit Schülerinnen und Schülern der Helene-Weber-Schule (Bad Saulgau) statt. Der Präsident des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Wolfgang Schneiderhan, erzählte über den unermüdlichen Einsatz für Frieden und Freiheit. Mitglieder der Arbeitsgruppe SLG stellten das Programm für die von ihnen unterstützte Projektwoche auf der deutschen Kriegsgräberstätte im niederländischen Ysselsteyn vor.
… für uns beginnt ein neuer Weg nun dort, wo der Krieg als die größte Bedrohung der Menschlichkeit seine Spuren hinterlassen hat: Auf der deutschen Kriegsgräberstätte im niederländischen Ysselsteyn. Wer den riesigen Friedhof einmal betreten hat, den lässt das Gräbermeer nie mehr los!
80 Jahre nach Kriegsende gehen wir zusammen mit dem Seminarkurs Geschichte der Helene-Weber-Schule in Bad Saulgau im April 2025 nach Ysselsteyn!
Der von Markus Barg-Rothmund geleitete Seminarkurs befasst sich mit der regionalen Erinnerungskultur: Der Geschichtslehrer der Helene-Weber-Schule sieht mit dieser Projektwoche eine einmalige Chance, dorthin zu gehen, wo Geschichte wirklich spürbar wird. Verstehen, was damals passiert ist, und lernen, warum das auch heute noch wichtig ist.
„Jeder Weg zum Frieden beginnt auf einer Kriegsgräberstätte.“
Wolfgang Schneiderhan
… raus aus dem Klassenzimmer und dorthin gehen, wo Geschichte wirklich spürbar wird.
Auf diesem Soldatenfriedhof – die Anlage ist mit 28 Hektar die größte deutsche Kriegsgräberstätte weltweit – werden wir die Spuren von Krieg und der NS-Zeit eindringlich erfahren:
Die Gräueltaten und Verwüstungen des Zweiten Weltkrieges werden damit nicht ungeschehen gemacht - doch daraus zu lernen und für Demokratie, Freiheit und Frieden einzustehen - im Kleinen wie im Großen – das kann eine Projektwoche wie diese vielleicht bewirken…
Da unsere Spurensuche ehrenamtlich getragen wurde, können wir durch den erfolgreichen Buchverkauf mit unseren finanziellen Mitteln diese Projektwoche auf der Jugendbegegnungsstätte Ysselsteyn nun realisieren. Mit Unterstützung des Deutschen Volksbunds und ihrem Präsidenten Wolfgang Schneiderhan werden wir diese Reise persönlich begleiten und für die Jugendlichen ein interessantes Rahmenprogramm – eine Mischung von interaktiven Museumsbesuchen, kreativen Workshops und entspannenden Auszeiten – gestalten.
Wir hoffen und wünschen, dass sich daraus auch in Zukunft viele friedvolle Begegnungen entwickeln!
Die aktuellen Krisen haben uns gezeigt, dass Krieg nicht nur etwas aus dem Geschichtsbuch ist. Viele Jugendliche interessieren sich gerade deshalb für Projekte, die sich mit dem Zweiten Weltkrieg beschäftigen.
Weitere Informationen zur Kriegsgräberstätte
Auf 888 Seiten haben wir die dunklen Schatten der Vergangenheit wieder ins Licht gerückt. Was zu Beginn unserer Spurensuche undenkbar war, ist zur schrecklichen Realität geworden – die „Geschichten hinter der Geschichte“ sind aktueller denn je. Das unfassbare Kriegsgeschehen der letzten Jahre zeigt eindringlich, wie wichtig es ist, daran zu erinnern, dass Frieden und Freiheit nicht selbstverständlich sind. Vielleicht haben wir gerade deshalb so viele erreicht! Inzwischen ist die Auflage fast vergriffen. Nun ist es an der Zeit, unsere SLG-Spurensuche abzuschließen.
Es war für uns alle eine spannende Zeit: Wird es uns gelingen, mit unserer Saulgauer Spurensuche viele Leser – auch die 'jungen‘ – für unser beladenes Thema zu sensibilisieren?
Unsere Gesellschaft ist ganz aktuell neuen Herausforderungen ausgesetzt – besonders für die zukünftigen Generationen ist es notwendig, dass wir die Erinnerung an die Geschehnisse der NS-Zeit präsent halten, daraus lernen und dafür einstehen, dass so etwas nie wieder passiert.
Arbeitsgruppe SLG
Stadtarchiv Bad Saulgau
Maria M. Gelder
Öffnungszeiten: Di u. Mi v. 8 - 12 Uhr